25 Kultur, Gesellschaft & Wissen Mittwoch, 17. Juli 2024 Tipp der Woche Ein bestechendes Angebot für Daheimgebliebene: Man begebe sich ins Marzilibad, setze sich beim Eindunkeln auf einen Liegestuhl und reise, ohne einen Liter Kerosin zu verbrauchen, in ein anderes Land. Möglich macht diesdasMarzili Movie Open-AirKino – heuer geht die filmische Reise nach Kanada. Durch sein länderfokussiertes und weitgehend Blockbuster-freies Programm unterscheidet sich das Freibadlichtspiel von anderen Open-Air-Kinos. Trotzdem sind in der diesjährigen Affiche Stars wie Ryan Gosling, Brendan Gleeson oder Sally Hawkins zu finden. Gosling etwa ist zu sehen in «Lars and the Real Girl» (24.7.) aus dem Jahr 2007, wo er einen verschupften Einzelgänger spielt, dessen Familie nicht schlecht staunt, als er ihr eine Silikonpuppe als Freundin vorstellt. Zudem im Programm: Denys Arcands «Les invasions barbares» (23.7.), in dem ein Sterbender seine Familienmeute um sich schart, oder «Kuessipan» (25.7.), das Coming-of-AgeDrama innerhalb einer indigenen Gemeinschaft Québecs. (reg) Marzilibad, Bern, 22. bis 27.7., Programm: www.marzili-movie.ch Als Ryan Gosling noch nicht Ken war: Marzili Movie Kulturredaktion — Sounds: Das struppige Gurten-Gegenstück Während auf dem Gurten die Festivalmaschinerie rattert, präsentiert die Heitere Fahne am Fusse des Hügels das struppighübsche Alternativfestival Gugus Gurte mit Acts, die Aussergewöhnliches tun, ohne dabei jemanden in die Flucht zu schlagen. Zu den Schönheiten des Jahrgangs zählen die unwiderstehlichen Mister Milano mit ihrem abgetakelten Italo-Pop oder Roshâni mit ihrer tropischen Tanzmusik (beide am Freitag). Am Samstag gibts mit Professor Woussa Lausannes führende Afrobeat-Band zu goutieren oder die derzeit omnipräsenten Bandit Voyage mit ihrem schnoddrigen Indie-Chanson. Der Mittwoch bietet die oberste eidgenössische Hip-Hop-Empörerin Big Zis und die oberste Berner Klangpoetin Milena Patagônia. Und am Donnerstag ist mit Buvette ein einstiges Liebkind der helvetischen Indie-Getreuen zu Gast. (ane) Heitere Fahne, Wabern, Mi bis Sa, 17. bis 20.7., jeweils bis 2 Uhr — Sounds: Archive am Les Georges Die gute Nachricht: Die Gruppe Archive wird dem – auch sonst sehr beachtenswerten – Festival Les Georges in Freiburg ihre Aufwartung machen. Die mittelgute Nachricht: Die Band schaut gerade eher zurück aufs Gestern als in die Zukunft. Doch der Reihe nach. Archive haben einen neuen Wert in die britische Gitarrenmusikszene gebracht: den Luxus der Gemächlichkeit. Ursprünglich als Trip-Hop-Combo ins Leben gerufen, wandte man sich Ende der Neunzigerjahre vom elektronischen Musizieren ab und machte sich daran, rockorientierte Song-Epen zu schreiben, die sich auch mal über die Dauer von bis zu fünfzehn Minuten erstreckten – eine Ballung ausufernder, erschlagender und zappendusterer Schönheit. Die neuste Single von Archive ist nun ein Song, der eher ins Trip-HopGenre passt und der es 2004 erstaunlicherweise nicht auf das Album «Noise» schaffte, welches die Band neu zu veröffentlichen trachtet. Besser als nichts. (ane) Les Georges, Freiburg, Sa, 20.7., 23.40 Uhr — Sounds: In den Garten statt auf den Gurten Gurtenfestival-Allergikerinnen und -Allergiker können in Bern traditionell auf mehrere Alternativen zurückgreifen, etwa das Gartenfestival. Dieses setzt im Garten des Café Kairo zwar auch auf Freiluftkonzerte, aber auf die sehr kleine, sehr feine Ausführung. Dieses Jahr wird am zweitägigen Anlass etwa Delaney Davidson erwartet, Singer-Songwriter aus Auckland, ein alter Bekannter im Kairo, dessen herzöffnende Songs irgendwas zwischen Wehmut und Aufbruch verströmen. Eine weitere interessante Affiche ist die Gruppe mit dem Namen The Velvet Underwear, hinter der sich illustre Namen wie Evelinn Trouble, Mario Hänni und Fiona Fiasco verstecken – sie erbieten Velvet Underground die Ehre. (mfe) Café Kairo, Bern, Fr, 19.7./Sa, 20.7. — Sounds: Superfrauen des Jazz in Langnau Lange Zeit war das Fehlen von Frauen auf den Jazzbühnen dieser Welt zu beklagen. Die immer wieder überraschenden und mutigenLangnauer Jazz Nightszeigen nun, dass es auch anders geht: Hier stehen gleich vier Bandleaderinnen im Hauptprogramm. Das Quintett Blaer um die Berner Pianistin und Komponistin Maja Nydegger oszilliert hoch spannend zwischen Minimal und Jazz. Mirjam Hässig erforscht mit dem britischen Komponisten und Pianisten Django Bates die Endlichkeit. Die beim Label Blue Note Records unter Vertrag stehende Star-Saxofonistin Melissa Aldana begibt sich mit ihrem Quartett auf die Spuren des grossen Wayne Shorter. Und dann ist da noch so etwas wie die Female-Supergroup des modernen Jazz, genannt Artemis. Eine reine Frauenband, ebenfalls bei Blue Note Records, die aus den sieben der gefeiertsten Musikerinnen des modernen Jazz besteht, darunter auch Melissa Aldana. In Langnau treten sie zu fünft auf: Renee Rosnes, Ingrid Jensen, Nicole Glover, Noriko Ueda und Allison Miller. (mbu) Langnau, verschiedene Orte, Di, 23., bis Sa, 27.7. — Film: Ein UFO an den Filmnächten Münsingen Auch dieses Jahr haben die Verantwortlichen der Filmnächte Münsingenein kleines, aber feines Programm aus der jüngsten Filmgeschichte gezaubert. Dazu gehört Wes Andersons «Asteroid City», in dem es Stars von Scarlett Johansson bis Tom Hanks, eine Menge Skurrilität, hübschen Retrofuturismus und sogar ein UFO zu sehen gibt. Weiter auf der Affiche: das unkonventionelle Flüchtlingsdrama «Fremont», Ken Loachs «The Old Oak» sowie «Radical», ein Spielfilm über einen ungewöhnlichen Lehrer an einer Problemschule. Zudem werden die Filmabende mit Musik garniert, unter anderem mit Pierre Omer’s Swing Revue. (reg) Schlossgutplatz, Münsingen, 18. bis 21.7., Programm: www.filmnaechte.ch — Ausstellung: Die besten Pressefotos Dominic Nahr war der grösste Abräumer der diesjährigenSwiss Press Photo Awards. Der NZZFotograf belegte in der Kategorie «Ausland» den ersten und den zweiten Platz, gewann auch in der Kategorie «Porträt» und darüber hinaus den Hauptpreis, sodass er in Marco-OdermattManier seine Trophäen kaum mehr halten konnte. In der Schweizerischen Nationalbibliothek sind nun die besten Bilder des Jahres 2023 ausgestellt – die von Nahr und all den anderen Finalistinnen und Finalisten. (mfe) Nationalbibliothek, Bern, 17. Juli bis 11. Oktober — Bühne: Stillsitzen unmöglich am Festival «Vertanzt» Wer Kultur nicht nur konsumieren, sondern gleich selbst Hand, Bein und Rumpf anlegen will, der begebe sich ans Festival «Vertanzt» im Emmental. Dort werden tagsüber Kurse in verschiedenen Tanzstilen angeboten (Vorkenntnisse nicht nötig), und abends kann das Gelernte dank Bands und DJs gleich ausprobiert werden. Heuer stehen die Tänze des Mittelmeers im Fokus, was bedeutet, dass vom Bauchtanz aus Ägypten oder dem Derwischtanz aus der Türkei allerlei Volkstänze wie etwa aus Griechenland erlernt werden können. (reg) Röthenbach im Emmental, 18. bis 21.7., Programm: www.vertanzt.ch Die besten Alternativen zum Gurtenfestival Was geht? Die Ausgehtipps der Woche Auch abseits des Berner Hausbergs gibts diese Woche Kultur: etwa mit einem pummeligen Ryan Gosling oder einer Band mit dem schönen Namen The Velvet Underwear. Am Gartenfestival im Café Kairo erbieten Evelinn Trouble, Mario Hänni und Fiona Fiasco Velvet Underground dieEhre.
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