Medienspiegel Langnau Jazz Nights 2024

PREVIEWS J A Z Z 87 Ethan Iverson Melissa Aldana Donny McCaslin LANGNAU JAZZ NIGHTS, 23.–27.7.2024 Gewiss, die Langnau Jazz Nights sind kein Avantgarde-Festival, aber auch kein kommerzielles Sommerevent, das nach dem Motto ”Für jeden etwas” ein kunterbuntes Programm zwischen Jazz, Pop, Chanson und Worldmusic auftischt. In Langnau treten, wie alle Jahre zuvor, die grossen Namen vor allem der nordamerikanischen Jazzszene auf. Es sind alles klingende Namen: Terence Blanchard, Donny McCaslin, John Scofield und Dave Holland, The Bad Plus und Ethan Iverson. Die meisten von ihnen sind nicht zum ersten Mal in Langnau, einige wie Scofield und Holland sind gar langjährige Langnau-Wiederholungstäter. Und viele von ihnen braucht man den Leserinnen und Lesern von JAZZ'N'MORE wohl nicht mehr gross vorzustellen. Aber immer gibt es natürlich auch Bands, die man so noch nie in Langnau gehört hat. So dieses Jahr etwa die Band ”Nau”, ein ad hoc zusammengestelltes Septett um den Schlagzeuger Kendrick Scott. Zu entdecken gibt es da vor allem die in New York lebende portugiesische Vokalistin Sara Serpa, die viel und oft mit Musikerinnen und Musikern der New Yorker Downtown-Szene, etwa der Saxophonistin Ingrid Laubrock, der Harfenistin Zeena Parkins oder der Bassistin Linda May Han Oh zusammengearbeitet hat. Eine eigenwillige Musikerin, die sich, nicht ganz unumstritten, zwischen Jazz und Neuer Musik bewegt, je nachdem, ob man ihren Gesang cool oder aber unterkühlt findet. Frauenpower Zu entdecken gibt es auch die junge Schweizer Sängerin Mirjam Hässig; die in Langnau im Duo mit dem Pianisten und Komponisten Django Bates auftritt, einem der originellsten Querköpfe der britischen Jazzszene. Ohnehin sind Musikerinnen im Programm des diesjährigen Festivals sehr prominent vertreten. So etwa auch mit der 35-jährigen chilenischen Saxophonistin Melissa Aldana, die in den letzten zehn Jahren in New York eine fulminante Karriere gemacht hat und inzwischen beim renommierten Jazzlabel Blue Note gelandet ist. Zu hören ist Melissa Aldana, deren FOTOS: PD/ZVG FOTO: FOTO-GRAF.CH FOTO: LUCA D'ALESSANDRO raue, zuweilen störrische Spielweise stark von Wayne Shorter und George Coleman geprägt ist, in Langnau mit dem deutschen Pianisten Pablo Held, einem jener jüngeren Musiker, die sich wieder stark an der robusten Tradition der Sechziger- und Siebzigerjahre orientieren. Es wäre keine allzu grosse Überraschung, wenn Melissa Aldana zumindest einen Gastauftritt beim Artemis Quintett der kanadischen Pianistin Renee Rosnes hätte, einer fulminanten Frauen-Allstar-Truppe unter anderem mit der Trompeterin Ingrid Jensen, die in Europa vor allem mit dem Vienna Art Orchestra, der Frauen-Big-Band Diva und im Orchester von Maria Schneider bekanntgeworden ist. Denn immerhin war Melissa Aldana während Jahren selber Mitglied von Artemis. Die Schweiz ist in diesem Jahr im Hauptprogramm eher knapp vertreten, neben Mirjam Hässig allein mit dem Quintett Blaer der Berner Pianistin und Komponistin Maja Nydegger, die sich mit ihrer melodischen, gefühligatmosphärischen Spielweise zwischen Jazz und Minimal Music im weiten Umkreis des Zürcher Zen-Gurus Nick Bärtsch bewegt. Neben den Konzerten in der Kupferschmiede sind es vor allem die vorabendlichen GratisKonzerte auf dem Dorfplatz, dem sogenannten Viehmarkt, die Langnau zu einem der stimmigsten Festivals in der Schweiz machen: Hier spielen vorwiegend junge Schweizer Gruppen, aber dieses Jahr etwa auch eine Big Band aus Botswana, während man an den langen Tischen mit der einheimischen Bevölkerung zuDrei Tage, fast 30 Acts und ein Weltstar – das ”Little Big Festival Lichtensteig” mausert sich langsam zum vielbeachteten Grossanlass. Das reichhaltige Programm ist vielseitig und bietet etwas für jeden Geschmack. Für Liebhaber des gediegenen Jazz stehen etwa Ro drigo Botter Maio oder Dimitri Monstein auf der Bühne, für Fans des traditionellen Swing und Ragtime sind die Bands von Frank Roberscheuten oder Stephan Holstein zu hören, Weltmusik wird von JMO – der Band um Jan Galega Brönnimann und seinen Freunden aus Afrika – geboten. Traditionell, aber in einer anderen Spielart, wird BLIGG klingen. ”Musikalisch so vielseitig wie unser Land und inhaltlich ein emotionales Auf und Ab zwischen den Bergen und Tälern, die wir in unserem Alltag betreten.” So blumig wird der rappende Barde angekündigt, der sein aktuelles Album und sicher auch die eine oder andere Überraschung im Gepäck mitbringen wird. Der Star des Festivals ist aber eindeutig FOTO: LUCA D'ALESSANDRO Jan Galega Brönnimann Tom Walker der schottische Singer-Songwriter Tom Walker. Mit seinem brachialen Hit ”Leave a Light On” katapultierte er sich vor einigen Jahren an die Spitze der internationalen Charts, sein Album ”What aTime to eBe Alive” verkaufte sich weltweit über zwei Millionen Mal. Die grosse Welt im beschaulichen Lichtensteig – auch so könnten die diesjährigen Jazztage in der Idylle des Toggenburgs zusammengefasst werden. Christof Thurnherr www.jazztagelichtensteig.ch sammensitzt und sich schon mal von den eifrigen Mitgliedern der Dorfvereine kulinarisch verwöhnen lässt. Und auch das macht Langnau legendär: Die Workshops für fortgeschrittene Amateure mit hoch renommierten Lehrern, dieses Jahr mit den sieben amerikanischen Stars des Kendrick Scott Septetts. Und zum Fesxtival gehören auch die Junior Workshops für Jugendliche, die von prominenten Schweizer Musikdozenten wie dem Pianisten Christoph Siegenthaler oder dem Schlagzeuger Pius Baschnagel geleitet werden. Und jeweils am Vorabend auf dem Viehmarkt vor den stolzen Augen der Eltern, Grosseltern, Tanten und Onkel zeigen, was sie am Vormittag im Workshop gelernt haben. Christian Rentsch JAZZTAGE LICHTENSTEIG, 9.–11.8.2024 JNM_04_24_82-92_PRE.indd 87 25.06.24 10:46 Jazz'n'more, Juli/August 2024

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