Medienspiegel Langnau Jazz Nights 2023

4 FLASHES J A Z Z FOTO: PD/ZVG/DANIEL BERNET Ein geplanter Film über Benny Golson droht aus finanziellen Gründen zu scheitern. Nun wird versucht, via Crowdfunding das Projekt zu retten. Seit vier Jahren arbeitet der Produzent Jacey Falk bereits am Film ”Benny Golson: Looking Beyond The Horizon”. Eigentlich ist das Porträt über den legendären Hard-Bop-Saxophonis- ten fertiggestellt. Doch die Geschichte über den Mann, dem wir so unvergessliche Klassiker wie ”I Remember Clifford”, ”Whisper Not” oder ”Along Came Betty” zu verdanken haben, benötigt noch einen letzten finanziellen Kraftakt. Es geht neben den Abgeltungen der Rechte für die verwendete Musik, für Fotografien und Videoclips auch um den Schnitt und das grafische Design. Dem Porträt, für das unter anderen auch Tom Hanks, Quincy Jones, Jon Batiste, Branford Marsalis, Naughty by Nature, Kevin Eubanks Rede und Antwort standen, fehlen für die Fertigstellung 85’000 US-Dollar. Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe von JAZZ’N’MORE waren auf der CrowdfundingPlattform gofundme.com erst 604 US-Dollar von insgesamt 16 Spendern eingegangen. Die Aktion ist zum Glück nicht zeitlich begrenzt, so lässt sich hoffen, dass ein potenter Financier noch in die Bresche springt. Oder wie Produzent Falk im Spendenaufruf schreibt: ”The Benny Golson story is an important story and it needs to be told!” Ruedi Amstutz Spendenplattform: www.gofundme.com Zwei italienische Jazz-CDs nehmen Bezug auf so grossartige Schriftsteller wie Italo Calvino und James Joyce, dies auf völlig verschiedene Art und Weise. Insgesamt dreizehn Musiker bilden ARE, das Andrea Ruggeri Ensemble. Ruggeri ist ein literatur-affiner Schlagzeuger mit über einem Dutzend Alben im Handgepäck, der sich für ”Musiche invisibili” von Italo Calvinos Roman ”Le città invisibili” (Die unsichtbaren Städte) inspirieren liess. Vor genau 50 Jahren erschienen, antizipierte Calvinos Roman unsere heutigen Probleme. So klassisch die sieben Kompositionen und Arrangements Ruggeris – mit Titeln aus den imaginären Städten von Calvinos Roman – wirken, so vielschichtig sind die Komponenten, von Jazz über Rock, Volksmusik, gebildeter Komposition bis zur freien Improvisation. So verschieden die Einflüsse auch wirken, das Resultat dieser Live-Aufnahmen vom Juni 2017 ist eine homogene, manchmal etwas schleppend wirkende, aber durchaus eigenständige Suite. Die kurzen Texte der beiden Titel ”Despina” und ”Maurilia” hat er mit der Sängerin Elsa Martin und Mirko Onofrio (fl, ts) geschrieben. Italo News – literaturaffine Projekte Drumfestival-Ausschreibung für junge Schlagzeugerinnen und Schlagzeuger Crowdfunding für Golson-Film Langnau Jazz Nights 2023 – Das Plakat Die italienische Sängerin Gaia Mattiuzzi ist im klassischen Bereich wie im Jazz verankert. Sie spielt auf ”Inner Core” mit der Liedform, dem Jazz, zeitgenössischen Musikrichtungen und elektronischen Experimenten. Im Quartett mit Alessandro Lanzoni (p), Gabriele Evangelista (b) und Enrico Morello hat sie vier der sieben Songs in Italien eingespielt, den ersten, ”Calyx” von Phil Miller und Robert Wyatt, die ande- ren sind Kompositionen ihrer Musiker auf der Basis von Texten von James Joyce. Die anderen drei Songs hat Mattiuzzi in Berlin, wo sie eini- ge Jahre verbrachte, mit Musikern aus der dortigen Szene – darunter etwa Elias Stameseder – aufgenommen, was der CD so etwas wie ein zweites Gesicht verleiht. In Berlin wurden auch Songs der ersten Hälfte elektronisch nachbearbeitet, etwa ”About The End of Love” durch den Saxophonisten Wanja Slavin. Entstanden ist ein experimentell anspruchsvolles Album, das der ausserordentlich reifen und ausdrucksstarken Stimme der Mailänder Vokalistin gerecht wird. Neben dem Elektronik-Tüftler Alfonso Santimone haben daran drei gestandene Jazzer der italienischen Szene und fünf starke Berliner Szenegänger mitgewirkt: ein erstaunliches Ergebnis. Ruedi Ankli Andrea Ruggeri Ensemble: Musiche invisibili (Da Vinci Jazz C00662/ www.Da-Vinci-Edition.com) Gaia Mattiuzzi: Inner Core (Aut Records/www.autrecords.com) Das Drumfestival Switzerland findet dieses Jahr am 24. September im Kaufleuten Zürich statt. Es trifft sich die ganze Schlagwerkerszene zum Austausch, Besichtigen der neuesten Instrumente und zu Workshops und Konzerten. Auch dieses Jahr veranstaltet das Team um Roman Bochsler wieder den ”Youth Contest”. Gesucht werden junge Drummerinnen und Drummer in drei verschiedenen Alterskategorien von den Jahrgängen 2003–2014. Ausgewählt von einer kompetenten Jury werden die drei Besten in jeder Kategorie für ein Live-Play-Along am Drumfestival Switzerland eingeladen. Anmeldeschluss ist der 31. Mai. pw/pd Alle Informationen unter www.drumfestivalswitzerland.com/youthcontest Die 31. Ausgabe ist lanciert: Das Plakat – jährlich neu von Studierenden der ZHdK gestaltet – ist erkoren. Das Festival findet vom 25. bis 29. Juli 2023 statt. Aus Plakatentwürfen von 24 Studentinnen und Studenten auf durchwegs hohem Niveau hat die Jury die Arbeit von Sarah Iller aus Affoltern am Albis prämiert. Sarah Iller zu ihrem Konzept: ”Eine Saxophonspielerin bläst Luft in ihr Holzblasinstrument, drückt auf die richtigen Perlmuttknöpfe und setzt zum Solo an. So banal die Zutaten, umso virtuoser das klingende Resultat – Das Plakat entstand genauso. Generative Software als Saxophon, die Luft in Form von einfachen Grossbuchstaben, die Knöpfe die richtigen Zeilen Code. Das Resultat: Farbe, Form und Schrift spielen zusammen und arrangieren sich zu einem spannungsvollen Einklang. Die Grundstrukturen der Musik sind spürbar; Takte und Noten, das Steigen und Fallen der Intensität. Warme Farbtöne auf dunklem Grund erinnern an die bunten Lichter bei einem Konzert. Wechsel zwischen Spannung und Harmonie widerspiegeln die Jazzmusik.” Der Vorverkauf startet voraussichtlich im Mai. www.jazz-nights.ch Nicole Johänntgen gewinnt saarländischen Kunstpreis Mit dem Preis des Ministeriums für Bildung und Kultur des Saarlandes werden alle zwei Jahre hervorragende Leistungen aus den Bereichen Musik, Literatur und bildende Kunst ausgezeichnet. Nicole Johänntgen, geboren im saarländischen Quierschied und aufgewachsen in Fischbach, ist die erste Frau, der im Bereich Musik diese mit 7’500 Euro dotierte Ehre zuteil wird. Aus der Laudatio von Kultusministerin Streichert-Clivot: ”Der saarländische Kunstpreis 2022 ehrt nicht nur eine der besten Jazz-Saxophonistinnen Europas, sondern setzt gleichzeitig auch ein besonderes Zeichen für Frauen in der Musik – im Saarland, im Jazz und darüber hinaus. Nicht nur in der Politik, im Sport und der Wirtschaft, sondern auch in der Musik gilt: Es ist wichtig, dass Frauen und Mädchen nicht nur Standards erfüllen, sondern sie selbst setzen. Nicole Johänntgen hat genau das gemacht. Sie ist bereits eine tolle Saarland-Botschafterin und nun auch Kunstpreisträgerin des Landes.” Zur Jury gehören Dieter Boden (Vorsitzender des Verbands deutscher Musikschulen, Landesverband Saar), Bernhard Fromkorth (Präsident des Landesmusikrates Saar), Prof. Jörg Nonnweiler (Rektor der Hochschule für Musik Saar), Kathrin Sude (Vorsitzende des Saarl. Rockmusikerverbands) und Dr. Ricarda Wackers (Programmchefin SR2 des Saarländischen Rundfunks). Christof Thurnherr www.NicoleJohaenntgen.com JNM_02_23_04-07_FL.indd 4 26.02.23 20:46 Jazz’n’more • März / April 2023

J A Z Z 25 PORTRAIT Der erfahrene Saxophonist Dave Liebman bezeichnete seinen Kollegen Chris Potter einmal als ”one of the best musicians around”. Ein Statement, das mit seinem schlichten Superlativ umso wirkungsvoller die Musikalität und instrumentale Souveränität von Chris Potter in Erinnerung ruft. Potter hat einen kraftvollen Sound. Er ist ein ideenreicher Komponist, der immer auch aktuelle musikalische Ausdrucksweisen absorbiert und als Instrumentalist mühelos in Flow kommen kann. Das zeigen auch die beiden Alben, die er mit dem Trio Circuits 2019 und 2021 realisiert hat. Die Musik ist interessant strukturiert, sie ist melodisch und vital und manchmal hat sie auch einen langen Atem, wie der 24-minüige Track ”Nowhere, Now Here/Sunrise Reprise” wunderbar beweist. Elektronische Komponente Nach einigen Alben auf ECM kehrte Chris Potter mit dem 2019 veröffentlichten Debutalbum von Circuits zu griffigeren Themen und zum Groove zurück. Zum Sound des Trios gehören auch sanfte elektronische Effekte: James Francies spielt Keyboards und Synthesizer und auch Potter koppelt sein Horn ab und zu mit Effekten, wo sie das Klangbild mit Texturen im Hintergrund passend erweitern können. Der Bandname Circuits weise zum einen auf diese elektronische Komponente im Sound hin, sagt Potter im Gespräch mit JAZZ’N’MORE. ”Aber der Begriff assoziiert auch den geschlossenen Energiekreislauf in einem Schaltkreis, den Austausch der Energie zwischen Musikern und Publikum.” Mit Circuits hat Saxophonist Chris Potter 2019 ein Trio lanciert, das seine Verankerung in den Jazz-Roots mit sanften Elektronikeinflüssen im Hier und Heute zum Ausdruck bringt. Mit dabei sind Pianist James Francies und Schlagzeuger Eric Harland. Circuits ist ein Höhepunkt an den diesjährigen Langnau Jazz Nights. Von Pirmin Bossart FOTO: GOFFREDO LÖRTSCHER Die Energie wird gespiesen von drei hervorragenden Instrumentalisten. Mit dem Schlagzeuger Eric Harland arbeitet Potter seit vie- len Jahren zusammen. ”Er ist ein einzigartiger Musiker. Er hat alle technischen Fähigkeiten, die ein Schlagzeuger haben kann, aber ich fühle, dass er sich stärker auf die spirituelle Essenz der Musik konzentriert. Ich spiele sehr gerne mit ihm zusammen”. Es war Harland, der Potter mit dem jungen Pianisten James Francies bekannt gemacht hat. ”Francies ist ein Musiker mit einem unglaublichen Spektrum. Er kann mit ungeraden Metren umgehen und hat am Klavier manchmal fast so etwas wie Art Tatum. Und er bringt die Perspektive der jungen Generation mit ein. Wir funktionieren sehr gut miteinander und es fühlt sich auch so an.” Frühe Einflüsse 1989 tauchte Chris Potter als 18-Jähriger mit dem Bop-Trompeter Red Rodney (1927–1994) erstmals in der New Yorker Szene auf. Er wuchs in South Carolina auf, spielte schon mit 13 Jahren Jazzkonzerte und besuchte später die Manhattan School of Music. Er wurde zu einem gefragten Sideman und spielte unter anderen mit Herbie Hancock, Dave Holland, John Scofield, The Mingus Big Band, Jim Hall, Paul Motian, Dave Douglas, Ray Brown. Potter ist auf über 100 Alben zu hören und hat selber über 15 Alben als Bandleader eingespielt. Die erste Musik im Jazz, mit der er sich als jugendlicher Saxophonist beschäftigt habe, sei diejenige von Duke Ellington gewesen, sagt Potter. ”Diese Musik und die Saxophonisten in Ellingtons Band haben immer noch einen grossen Einfluss darauf, wie ich musikalisch denke. Etwa die Art und Weise, wie ich kompositorisch Sounds oder Texturen verwende.” Viele seiner Einflüsse kämen aus dieser frühen Zeit des Hörens, von Charlie Parker, John Coltrane, Sonny Rollins über Bartok, Bach und Mozart bis zu The Beatles und Stevie Wonder. ”Ich habe immer wieder neue Musik entdeckt, Musik aus Afrika, aus Asien, und lasse mich inspirieren. Das geht bis heute so.” All-Star-Quartett Während des Lockdowns hatte Chris Potter das Solo-Album ”There Is a Tide” aufgenommen, auf dem er sämtliche Instrumente selber spielte, inklusiv Schlagzeug, Gitarre, Bass, Perkussion, Klarinette. ”Ich habe in diesem Prozess eine Menge über Musik gelernt. Gleichzeitig konnte ich mich mit diesem Projekt auf einige Dinge konzentrieren, an denen ich schon immer arbeiten wollte, aber nie die Zeit hatte, mich darauf einzulassen.“ Im April 2023 wurde in San Francisco ein abendfüllendes Konzertstück uraufgeführt, das Chris Potter für ein Kammerorchester und eine Jazzband geschrieben hat. Gespannt darf man auf das Album des akustischen AllStar-Quartetts mit Brad Mehldau, John Patitucci und Brian Blade sei, das voraussichtlich dieses Jahr erscheinen wird. Q SCHALTKREISE UND ENERGIEN KONZERT: 27. 7.2023 Chris Potter Circuits, Langnau Jazz Nights. Am gleichen Abend spielt Markus Strickland Twi-Life. Weitere Informationen: www.jazz-nights.ch CHRIS POTTER CIRCUITS JNM_04_23_25_Chris Potter.indd 25 25.06.23 23:53 Jazz’n’more • Juli / August 2023

90 PREVIEWS J A Z Z BEZAU BEATZ, 10.–13.8.2023 – DAS FESTIVAL IM BREGENZERWALD Zum 16. Mal findet in Bezau/Vorarlberg das Festival Bezau Beatz statt. Kuratiert wird der viertägige Anlass von Schlagzeuger Alfred Vogel, der das Festival auch initiiert hat. Bezau Beatz lebt von seiner Lage im Bregenzerwald, seinen einzigartigen Locations und natürlich einem fein sortierten Programm, das auch dieses Jahr wieder ein paar gute Überraschungen bereithält. Eröffnet wird Bezau Beatz vom Frauenquartett Hilde: Julia Brüssel (v), Marie Daniels (voc), Maria Trautmann (tb) und Emily Wittbrodt (vc) wagen sich mit freier Improvisation gekonnt vom Abstrakten ins Lyrische vor. In der Formation The True Harry Nulz treffen die Schweizer von The Great Harry Hillmann auf die Österreicher von Edi Nulz. Der norwegische Gitarrist Stian Westerhus – bekannt als Mitglied der Band Puma und durch seine Zusammenarbeit mit Nils Petter Molvaer – gibt ein Solokonzert in der Pfarrkirche. Die griechisch-deutsche Bassistin Athina Kontou verbindet griechische Liedtraditionen mit zeitgenössischem Jazz. Mit Luise Volkmann (s), Lucas Leidinger (p) und Dominik Mahnig (dr) bildet sie das Quartett Mother, dessen Album ”Tziaveri” letztes Jahr für den Preis der Deutschen Schallplattenkritik nominiert wurde. Das Duo von Pianist Elias Stemeseder und Schlagzeuger Christian Lillinger ist eine Wucht an kreativer Improvisation. Hypochondrische Ängste zeugen laut Eigenbeschrieb vom Versuch, ”Text und Musik zusammenzubringen, ohne Songs zu machen”. Das Kapital ist ein Trio mit dem deutschen Saxophonisten Daniel Erdmann, dem dänischen Gitarristen Hasse Poulsen und dem französischen Schlagzeuger Edward Perraud. ”Erschaffen und Teilen” statt ”AssoziatiFOTO: PD/ZVG on und Dekonstruktion” ist das Credo des top besetzten Berliner Quartetts Philm mit Philipp Gropper, Robert Landfermann, Oliver Steindle und Elias Stemeseder. Aus der Jazzszene Portugals kommen Bode Wilson, die mit viel Freiheiten interagieren. Das finnische Free Jazz Trio Plop (Gewinner des finnischen Record-Awards 2022) tritt mit dem 87-jährigen Saxophonisten Juhani ”Junnu” Aaltonen auf. Zum Ensemble des deutschen Schlagzeugers Tilo Weber gehören die Sängerinnen Almut Kühne und Pia Davila. Der französische Schlagzeuger und Komponist Tankcrède D. Kummer stellt seine Musik mit dem Pianisten Remi Ploton und dem Bassisten Samuel Mastorakis in Bezau vor. Zu hören sind ferner Sinaubi Zawose mit ”tribe music” aus Tansania, das österreichische Johann Kabel Quartett sowie Billy Martin, der Schlagzeuger von Medeski, Martin & Wood, der das Bezau Beatz Orchestra leitet. Das Hauptquartier der Konzerte befindet sich in der Remise des Wäldlerbähnles. Weitere Austragungsorte sind eine Kunstschmiede, eine alte Säge, die Pfarrkirche, ein Restaurant und eine Zimmerei. Auf nach Bezau! Pirmin Bossart www.bezaubeatz.at Auch im 31. Jahr sind die Langnau Jazz Nights das bodenständige und familiäre Festival, das mit illustren internationalen Namen und interessanten Newcomern den Jazz am Puls der Zeit hält. Die Langnau Jazz Nights sind ein Festival, das nicht marktschreierisch auftrumpfen muss, um die neusten Hypes der Szene zu feiern. Stattdessen werden Jahr für Jahr ein paar solide Pflöcke eingeschlagen, zu denen bekannte internationale Musikerinnen und Musiker gehören, die regelmässig für Jazz-Erlebnisse sorgen. Viele von ihnen geben während der Woche Workshops und wirken mit ihren Impulsen auf die jungen Kurs-Teilnehmenden, die sich dann jeweils auf dem Viehmarktplatz mit ihren neuen Inspirationen vor einem Publikum präsentieren können. Nicht das erste Mal in Langnau zu Gast ist Gitarrist Mike Stern, der in seinem 70. Lebensjahr mit Leni Stern (g, n’goni, voc), Bob Franceschini (s), Jimmy Haslip (eb) und Dennis Chambers (dr) auftritt. Stern ist einer der weltbesten Gitarristen aus der Jazz-FusionLiga. Gross geworden ist er mit Blood Sweat & Tears und Miles Davis, Jaco Pastorius und den Brecker Brothers. Einen schönen Kontrast zu diesem bekannnten Namen bildet am gleichen Eröffnungsabend das Trio der jungen Gitarristin Mareille Merck. Die aus Rügen stammende und in Zürich lebende Musikerin hat ebenfalls einen rockigen Background. Sie versteht es, diese Riffs und Akzente in atmosphärische und melodische Stimmungsbilder zu verweben, wie das aktuell auch auf dem zweiten Album zu hören ist. Ihr Trio Larus ist mit Francesco Losavio (b) und Janic Haller (dr) besetzt. Richard Bona (el-b, voc) und Alfredo Rodriguez (p, voc) sind ein Duo, bei deren Gründung Quincy Jones die Finger im Spiel hatte. Virtuos und melodiös bringen sie ihre ganz unterschiedlichen musikalischen Wurzeln zusammen und haben seit Jahren Erfolg damit. Pianist Tylor Eigsti, in seinen jungen Jahren als Wunderkind gefeiert, kommt mit Antonio Sanchez (dr) und Harish Raghvan (b) nach Langnau. Eine satte Portion zeitgenössischen Jazz bietet der Donnerstagabend: zum einen mit dem Trio ”Circuits” von Chris Potter (s), James Francies (p, keys) und Eric Harland (dr) (siehe separater Artikel in dieser Ausgabe), zum andern mit dem Trio Twi-Life des in New York lebenden Saxophonisten Marcus Strickland. Strickland stellt sein neuestes Album ”The Universe’s Wildest Dream” vor, das verschiedene Spielarten der Black Music zusammenbringt und von einem spirituellen Bewusstsein für die Schönheit dieses Planeten und der Sorgfalt für dessen Erhalt angesichts des Klimawandels geprägt ist. Ein einflussreicher Piano-Meister des modernen Jazz ist Kenny Barron, der seine Karriere mit Dizzy Gillespie begonnen hatte. Breit bekannt wurde er in den 1980er-Jahren im letzten Quartett von Stan Getz. Er ist ein Alleskönner, der swingt und mit Leichtigkeit improvisiert und ein entsprechend begehrter Sideman, der in den letzten 60 Jahren mit allen namhaften Jazz-Koryphäen gespielt hat. Dieses Jahr feiert er den 80. Geburtstag und kommt nun mit seiLANGNAU JAZZ NIGHTS, 25.–29.7.2023 – VIELFALT UND SOLIDE WELTKLASSE nem Trio das erste Mal nach Langnau. Mit dabei sind Bassist Kiyoshi Kitagawa und Schlagzeuger Jonathan Blake. Vor dem Kenny Barron Trio hat die afrofranzösische Kontrabassistin, Sängerin und Poetin Sélène Saint-Aimé mit Hermon Mehari (tp), Irving Acao (ts), Sonny Troupé (ka drum) und Boris Reine-Adèlaide (bélé dr) ihren Auftritt. Sie studierte mit Ron Carter und Steve Coleman. Ihre Musik ist stark von karibischen und afrikanischen Wurzeln geprägt. Die zwei Drummer legen eine bezwingende rhythmische Grundstruktur. Der Gesang von Sélène SaintAimé wurde auch schon als ”otherwordly scat” bezeichnet. Auf ihrem aktuellen Album mischen sich die musikalischen und spirituellen Roots ihrer karibischen Kultur mit jazziger Improvisation. Eine weitere Jazzsängerin ist Thana Alexa, die auch von Soul und zeitgenössisch ethnischer Musik geprägt ist. Sie spielt mit Caroline Davis (s), Philip Dizack (tp), Rachel Eckroth (p), Nir Felder (g), Harish Raghavsan (b) und Antonio Sanchez (dr). Zum Abschluss wird der israelische Trompeter Avishai Cohen mit seiner warmen Emotion für ein mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit grandioses Finale sorgen. Mit dabei: Yonathan Avishai (p), Barak Mori (b) und Ziv Ravitz (dr). Pirmin Bossart www.jazz-nights.ch FOTO: PD/ZVG FOTO: PALMA FIACCO Avishai Cohen Billy Martin Markus Strickland JNM_04_23_85-95_PRE.indd 90 26.06.23 11:03 Jazz’n’more • Juli / August 2023

28 Ausgehen Donnerstag, 20. Juli 2023 Es sind dieses Jahr schon erstaunlich viele rühmenswerte Alben erschienen. Doch eines der schönsten ist die Einspielung «Violet Drive» der GruppeKeralaDust. Dabei ist es gar nicht so einfach, zu beschreiben, was es da zu hören gibt. Versuchen wir es so: Wer die schattige Eleganz von Pop-Noir-Helden wie Warhaus oder Balthazar mag, der wird mit Kerala Dust eine neue Nebenbeziehung beginnen wollen. Eigentlich fühlt sich das Trio, das in London gegründet wurde und vom in Zürich aufgewachsenen Briten Edmund Kenny angeführt wird, in der elektronischen Musikszene heimisch. Doch aufs erste Hinhören trifft man hier auf eine Band, die dem urbanen Blues weit mehr zugeneigt scheint als den Machenschaften in einem herkömmlichen Electro-Tanzschuppen. In jedem Lied wartet eine Stromgitarre auf ihren Soloeinsatz, und wenn sie dann mal darf, dann legt sie los, wie einst Marc Ribot, als er noch unter der Fuchtel von Tom Waits stand. Die Schlaginstrumente, die zum Einsatz kommen, klingen grossmehrheitlich nach Fell und Holz, und die mehr hauchende als singende Stimme gemahnt an die eines übernächtigten NewWave-Crooners. In struktureller Hinsicht baut diese Musik dann aber doch auf die repetitive Kraft der Clubmusik, und es finden sich Klänge, die sich mit Holz und Fell nicht bewerkstelligen lassen. Kurz: Kerala Dust liefern hier ein Album ab, das als eines der gloriosesten Grossstadt-Blues-Werke der letzten Jahre gefeiert werden darf. Und das Schöne an dieser Geschichte ist, dass diese Band dieses Wochenende am Festival Am Schluss in Thun zu bewundern sein wird (So, 23.7.). Die von den Mokka-Macherinnen und -Machern veranstaltete Konzertreihe zwischen Riesenrad und Mühleplatz hat auch dieses Jahr Musik im Angebot, die vom erfreulich weiten Horizont und dem exquisiten Geschmack der amtierenden Booker Zeugnis ablegt. Beispiele gefällig? Am Donnerstag (20.7.) gibts den aparten Indie-DreampopHip-Hop-Crossover der österreichischen BandSharktankzubewundern, welche vom Bilderbuch-Produzenten Marco Kleebauer gegründet worden ist. Am Tag danach präsentiert Bevn neuen deutschen Gefühlspunk, undPaula Carolinaerzählt, was ein juveniles Indie-Girl so umtreibt (Fr, 21.7.). Es gibt aufmüpfige argentinische Cumbia vonKumbia Queers (Sa, 22.7.), französischen Glam Popmit Bon Enfant (Mo, 24.7.) oder Rabauken-Rock vom deutschen Maxi Haug aka Shitney Beers. Die an dieser Stelle schon gebührend gefeierte israelische Sängerin und SchauspielerinLiraz (sie stand schon mit Sean Penn oder Naomi Watts vor der Kamera), wird heutigen Synthiepop mit persischer Musik der Siebzigerjahre verknüpfen (27.7.). Evellin Trouble reist mit einem ganzen Orchester nach Thun (28.7.), während die BernerMüslüm (29.7) und Bubi Eifach (30.7.) das Schlussbouquet zünden. Und wem das noch nicht an Eklektik genug ist, dem stampfen TootArd aus den Golanhöhen (und auch ein bisschen vom Berner Eigerplatz) am Mittwoch (26.7.) arabische Tanzmusik in die Magengrube. Vielleicht unternimmt ja auch der Thuner Stadtrat, der dem Mokka die Subvention kürzen will, einen kleinen Ausflug ins Stadtinnere. Am Schluss ist ein Festival, um das Thun von so manchen Schweizer Städten beneidet wird. Ane Hebeisen Mühliplatz Thun, Do, 20.7., bis So, 30.7. Start 20 Uhr (Fr und Sa jeweils 21 Uhr). Ein Fest, um das man Thun weitherum beneidet Festival Am Schluss Hier spielt die Band Kerala Dust, die uns eines der aufregendsten Alben des bisherigen Jahres geschenkt hat: Das Thuner Festival Am Schluss hat in der ganzen Open-Air-Kakofonie zum eigenen Ton gefunden. Musik unter dem Riesenrad: Das Festival Am Schluss beschenkt Thun mit entdeckungswürdiger Musik. Foto: Markus Hubacher Tom Gsteiger Wer von Kenny Barron spricht, der 1943 in Philadelphia auf die Welt kam, sollte auch von seinem 16 Jahre älteren Bruder Bill Barron sprechen. Denn er war es, der Kenny in den Jazz einführte. Während Bill Barron bereits 1989 starb und in Vergessenheit geriet, wurde aus Kenny Barron ein berühmter Pianist mit einer kaum überblickbaren Diskografie. Deren erster Eintrag stammt von 1961: eine Session mit seinem Bruder. Ein Jahr später stiess Barron für fünf Jahre zur Band des legendären BebopTrompeters Dizzy Gillespie, der damals mit dem Bossa Nova liebäugelte. Der Bossa Nova kam auch Jahrzehnte später wieder aufs Tapet. 2018 gastierte Barron im Doppel-Piano-Format mit Benny Green am Jazzfestival Bern. Im Gespräch nannte Green Barron «einen der ersten Meister des Bossa Nova im Jazz» und attestierte dessen brasilianisch angehauchtem Spiel eine «atmende Sexyness». Barron erhielt ab seinem sechsten Lebensjahr Klavierunterricht, wobei er anfänglich lieber draussen mit den anderen Kindern gespielt hätte. «Das hat sich nach und nach geändert. Dank meines Bruders, der mir Platten von Charlie Parker, Dizzy Gillespie, Miles Davis und Dexter Gordon vorspielte. Und in Philadelphia gab es auch eine hervorragende Jazz-Radiostation.» Was hat Barron am Jazz angezogen? «Das weiss ich gar nicht so genau, aber ich weiss, dass ich diese Musik liebte. Als das Album «Six Pieces of Silver» des Pianisten Horace Silver rauskam, bin ich ständig fünf Blocks zu einem Imbiss gerannt, weil es dort eine Jukebox gab mit zwei Stücken von dieser Platte.» Ein anderer Pianist, der es Barron angetan hat, ist Thelonious Monk. Barron sagt dazu: Man könne zwar von ihm beeinflusst sein, wenn man aber versuche, wie Monk zu spielen, sei man zum Scheitern verurteilt. Im Gegensatz zu Silver und Monk pflegt Barron allerdings eine alles andere als minimalistische Spielweise, aber er übertreibt es auch nicht mit seiner Virtuosität, sondern ist dafür besorgt, dass sich Eloquenz und Aussagekraft die Waage halten. Verrücktes New York Mit dem Quartett Sphere – benannt nach dem zweiten Vornamen von Monk und kurze Zeit nach dessen Tod 1982 gegründet – hat Barron mit den engen Monk-Weggefährten Charlie Rouse (Tenorsax), Ben Riley (Schlagzeug) und dem Bassisten Buster Williams einen exemplarisch unprätentiösen Modern Jazz zelebriert, wobei das Repertoire von Bebop bis zu Eigenkompositionen reichte. Unter diesen Eigenkompositionen befindet sich auch Barrons Stück «Lunacy» (Wahnsinn,Aberwitz), mit dem der Pianist die verrückte Seite von New York einzufangen versucht. Bloss ein Jahr später entstand dann bei einem Auftritt von Barrons Quintett im New Yorker Jazzclub Fat Tuesdays eine fulminante Version von «Lunacy». An diese Gruppe (John Stubblefield, Saxofon, Eddie Henderson, Trompete, Cecil McBee, Bass,Victor Lewis, Drums) erinnerte sich Barron im Gespräch gerne: «Ich hatte sehr viel Spass mit dieser Band. Manchmal nahmen wir uns für ein einziges Stück zwanzig oder sogar dreissig Minuten Zeit.» Die dritte und bis dato letzte Aufnahme mit «Lunacy» ist das Album «Book of Intuition» von 2015. Auf diesem Album ist Barrons Trio mit dem Bassisten Kiyoshi Kitagawa und dem unüberhörbar vom Hip-Hop beeinflussten Schlagzeuger Jonathan Blake zu hören. Mit dieser Besetzung wird Barron, der am 9. Juni bei guter Gesundheit seinen 80. Geburtstag feiern konnte, auch die Langnau Jazz Nights beehren. Zum Repertoire dieses Trios zählt mit «Nightfall» auch ein Stück des epochalen Bassisten Charlie Haden, mit dem Barron 1996 im New Yorker Jazzclub Iridium ein wunderbares Duo-Album aufgenommen hat. «Manchmal nahmen wir uns für ein Stück dreissig Minuten Zeit» Langnau Jazz Nights Seine Karriere begann in der Band von Dizzy Gillespie. Heute ist der Jazz-Pianist Kenny Barron selbst eine Legende. Mit 80 gastiert er zum ersten Mal an den Langnau Jazz Nights. Ohne seinen Bruder wäre er nicht da, wo er heute ist: Kenny Barron. Foto: Jimmy Katz Langnau wird zum Jazz-Hotspot Vom Muhen der Kühe keine Spur mehr: Auf dem Viehmarktplatz in Langnau ist an den Langnau Jazz Nights vom 25. bis am 29. Juli viel Musik zu hören. Während einer Woche treten dort Nachwuchsbands auf, ebenso wie Teilnehmende der Workshops, in denen Interessierte allen Alters und Niveaus musikalische Inputs erhalten und Stücke einstudieren. Das Abendprogramm in der Kupferschmiede: 25.7.: Mareille Merck (20.30 Uhr), Mike Stern Band feat. Dennis Chambers, Jimmy Haslip, Leni Stern & Bob Franceschini (22.15 Uhr) 26.7.: Taylor Eigsti Trio feat. Antonio Sanchez & Harish Raghavan (20.30 Uhr), Richard Bona & Alfredo Rodriguez Duo (22.15 Uhr) 27.7.: Marcus Strickland Twi-Life (20.30 Uhr), Chris Potter Circuits feat. James Francies and Eric Harland (22.15 Uhr) 28.7.: Sélène Saint-Aimé Quintet (20.30 Uhr), Kenny Barron Trio (22.15 Uhr), Taylor Eigsti & the Next Generation Band (00.00 Uhr) Auch erschienen in: Der Bund online, BZ (inkl. online), Langenthaler Tagblatt, Thuner Tagblatt, Berner Oberländer

MARCO BORGGREVE / OSLO PHILHARMONIC 17 kulturtipp 16 l 23 Festival: Langnau Jazz Nights Als Jazz-Sommerfestival geniessen die Langnau Jazz Nights hohes internationales Ansehen. Entsprechend reisen grosse Namen an wie US- Gitarrist Mike Stern, Bassist Richard Bona aus Kamerun oder US-Saxer Chris Potter. Daneben gibt es Workshop- Konzerte mit Nachwuchs- jazzerinnen, Jamsessions und die Jazz Piano Competition. Di, 25.7.–Sa, 29.7. Kupferschmiede, Viehmarktplatz, ref. Kirche Langnau BE www.jazz-nights.ch Klassik: Klaus Mäkelä Alle Welt reisst sich um den Jungdirigentenstar Klaus Mäkelä (Bild). Am Verbier Festival dirigiert er das Festspielorchester. Er «begleitet» Mikhail Pletnev in Rachmaninows 2. Klavierkonzert und leitet Richard Strauss’ monumentale «Alpensinfonie». Weitere Überraschungen sind im Walliser Skiort bis zum 30. Juli zu erleben. So, 23.7., 18.30 Salle des Combins Verbier VS World: Appenzell bis Afrika Zwischen Appenzell und Afrika liegt der Aargau. Dort findet die zweite Ausgabe des World Music Festivals Appenzell bis Afrika statt, das Musiker aus der Schweiz mit solchen aus Senegal oder Israel vereint. Auf dem Programm stehen unter anderem das multikulturelle Trio Brönnimann-Cissokho- Hason, die Celtic Folk Band Red Shamrock, die Berner B a l k a n t r u p p e Tr a k t o r k e s t a r oder Bouye aus Westafrika. Fr/Sa, 4.8./5.8., 18.00 Kantine Wasserschloss Vogelsang AG www.appenzell-bis-afrika.ch Jazz Klassik Pop World TIPPS ARNE REIMER MARIORICOTTA9292 (WIKI / CC) Modernurbaner Mix: Otis Sandsjö (vorne) mit Band Y-Otis JAZZ Sommerbunte Vielfalt Das JazzChur Sommerfestival spannt einen weiten Bogen von der Surselva bis zum Jazz aus Aserbaidschan. Jazz ist, was immer wieder anders klingt. So liesse sich die Musik von Y-Otis auf den Punkt bringen, der Band des schwedischen Saxers Otis Sandsjö. Y-Otis fusionieren Jazz mit Hip-Hop und elektrifizieren das Ganze zum modern-urbanen Mix. Das quirlige Quartett spielt am Eröffnungsabend des JazzChur Sommerfestivals in der Postremise und trifft dort auf das einheimische Anna Bläsi Quartett sowie das Impro-Projekt Yes, Don’t Panic! des Glarner Bassisten Marc Jenny. Vielfalt prägt das ganze Programm des sechstägigen Festivals. So spielt Corin Curschellas mit Urklängen aus der Surselva, während die Baslerin Sarah Chaksad in ihrem Large Ensemble Musikerinnen und Musiker aus aller Welt präsentiert – genauso wie der Berner Bänz Oester mit seinen Rainmakers und der Zürcher Christoph Irniger mit erweitertem Trio. Auch mathias rüegg, der nach vielen Jahren in Wien seine alte Heimat Chur besucht, spielt sein «Blue Piano» mit Kollegen aus Österreich, der Slowakei und Aserbaidschan. Nebst der Postremise mitten in Chur bespielen die Bands den Skulpturenpark Würth und den Rosengarten im Schloss Haldenstein. Frank von Niederhäusern JazzChur Sommerfestival Mi, 26.7.–Mo, 31.7., Postremise, Skulpturenpark Würth, Schloss Haldenstein Chur www.jazzchur.ch NEUE MUSIK Am klingenden Ende der Welt Alle zwei Jahre bespielt das Festival Neue Musik Rümlingen nicht seine Heimat, sondern fliegt aus. Diesen Sommer gastiert es in Locarno und Umgebung und lädt zu einer «Pilgerreise durch Landschaften gescheiterter und gelungener Lebensentwürfe». «Finisterre» nennt sich das Tessiner Festival folgerichtig, denn es bringt das Ende der Welt zum Klingen. Auf dem Monte Verità oder den Brissago-Inseln, in Muralto und im Valle Onsernone gibt es Uraufführungen zu hören: etwa von der deutschen Komponistin Isabel Mundry oder vom Schweizer Jürg Kienberger, vom französischen Worldjazzer Michel Godard und anderen. (fn) Finisterre Festival – Neue Musik im Tessin Fr, 28.7.–Di, 1.8. Diverse Orte um Locarno TI www.neue-musik-ruemlingen.ch Brissago-Inseln: Einer von zahlreichen Aufführungsorten kulturtipp 16/2023

2 Freitag, 28. Juli 2023 Region Julian Perrenoud Der Raum in der Schule Madiswil ist heute eng und dürfte in naher Zukunft noch enger werden. Davon gehen die Schulverantwortlichen sowie der Gemeinderat aus. 1984 wurden auf dem Areal Neumatt die Schulhäuser und die Turnhalle gebaut. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler ist seither von etwa 180 auf 280 angestiegen – und dies trotz Abgabe der Oberstufe ans Oberstufenzentrum in Kleindietwil. Auch die Zahl der Lehrpersonen ist gestiegen, genauso wie der Platzbedarf für Sekretariat, Schulsozialarbeit und Tagesschule. Zudem benötige die heutige Unterrichtsform gemäss Lehrplan 21 mehr Raum, heisst es bei der Gemeinde. Deshalb will Madiswil baldmöglichst ausbauen. 7 bis 9 Millionen Franken Seit drei Jahren befassen sich verschiedene Gremien mit der Schulraumplanung. Im Juni legte der Gemeinderat der Stimmbevölkerung einen Projektierungskredit von 390’000 Franken vor, den diese mit wenigen Enthaltungen genehmigte. Geplant ist ein Neubau bei der Schulanlage Neumatt.Weiter soll die Schulanlage Hofmatt in Kleindietwil für vier Kindergärten umgebaut werden. Am Standort Mostereiweg in Madiswil kommt künftig die Tagesschule unter. Das gesamte Bauvorhaben dürfte die Gemeinde zwischen 7 und 9 Millionen Franken kosten. Der Gemeinderat hat sich für eine Variante entschieden, bei der die bestehenden Liegenschaften weiter genutzt werden. «Eine Zentralisierung mit zwei Neubauten würde unseren finanziellen Rahmen sprengen», sagt Nicole Bernhard, Gemeinderätin Ressort Bau und Planung. Doch auch so wird das Projekt die Gemeindekasse stark belasten. Eine Steuererhöhung im Dorf dürfte damit bereits früher als gedacht Realität werden. Zurzeit liegt die Steueranlage bei 1,55 Einheiten. Auf nächstes Jahr hin soll sie auf 1,65 und bis 2027 auf 1,75 Einheiten steigen. Schülerzahlen steigen stetig Madiswil ist nicht die einzige Gemeinde im Oberaargau, die sich mit der Schulraumplanung beschäftigt. Ein Bevölkerungsanstieg und zunehmende Schülerzahlen sind etwa auch in Langenthal, Herzogenbuchsee, Huttwil oder Roggwil ein grosses Thema. Die Bildungs- und Kulturdirektion behält diese kantonale Entwicklung schon länger im Auge. «Die Schülerzahlen auf Stufe Volksschule sind seit 2011 kontinuierlich gestiegen», sagt die Medienverantwortliche Iris Frey und fügt an: Der Anstieg hänge stark mit den Geburtenzahlen zusammen. Wie es bei der Bildungsdirektion heisst, kämen bei einem zeitgemässen Unterricht verschiedene Lehr- und Lernformen flexibel zum Einsatz: in der Klasse, in Gruppen, zu zweit oder allein. Guter Schulraum lasse die Schülerinnen und Schüler zusammenarbeiten, damit sie mit ihren unterschiedlichen Voraussetzungen voneinander lernen könnten. «Dafür braucht es genügend Platz», so Frey. Die Schulinspektorate und allenfalls das Amt für Gemeinden und Raumordnung unterstützten die Gemeinden dabei, zeitgemässe Schulräume zu planen und umzusetzen. Die Gemeinde Madiswil verfügt über zwei Schulhäuser in Kleindietwil und Leimiswil. Diese stünden mit dem geplanten Neubau künftig leer. An einen Verkauf der Gebäude denkt der Gemeinderat aber nicht. Diese befinden sich nämlich in einer Zone für öffentliche Nutzung und müssten erst umgezont werden. Unter den beiden Häusern befinden sich öffentliche Zivilschutzanlagen, die heute regelmässig von Vereinen genutzt werden. Zudem, hält der Gemeinderat fest, sei es schwierig, für solche Grundstücke einen Käufer zu finden. Ein straffer Zeitplan Derzeit wird ein konkretes Projekt ausgearbeitet. Der Gemeinderat antizipiert für die Schulraumplanung und den Neubau eine Urnenabstimmung im September 2024. «Das ist sportlich, aber ich bin guter Dinge», sagt Nicole Bernhard. Der Neubau soll zweistöckig, etwa 30 Meter lang und 20 Meter breit werden. Es sei wichtig, gut voranzukommen, weil in absehbarer Zeit ein vierter Kindergarten eröffnet werde, gibt sie zu bedenken. «Zurzeit haben wir für einen solchen keinen Platz.» Das Schulhaus Hofmatt in Kleindietwil biete die besten Voraussetzungen, künftig drei bis vier Kindergärten zu beherbergen. Auch die Umgebung erachtet sie als ideal. Trotz des vorgesehenen Millionenkredits und einer Steuererhöhung habe der Gemeinderat an der jüngsten Gemeindeversammlung eine positive Stimmung wahrgenommen. «Jetzt ist es wichtig, dass wir die Bevölkerung laufend und transparent informieren», so Bernhard. Die Bauarbeiten für das neue Schulgebäude sollen, wenn alles nach Plan verläuft, bis 2027 abgeschlossen sein. Schon jetzt hat es viel zu wenig Platz Neubau für die Schule Madiswil Die Gemeinde investiert in ihren Schulraum. Wegen steigender Schülerzahlen und fehlender Infrastruktur wird eine grosse Investition unumgänglich. Die Schule Madiswil während der Sommerferien. Die Ruhe täuscht, der Unterricht wird von immer mehr Kindern besucht. Foto: Franziska Rothenbühler «Zurzeit haben wir für einen weiteren Kindergarten keinen Platz.» Nicole Bernhard Gemeinderätin Die Jazz Nights in Langnau sind eine Erfolgsgeschichte. Seit Jazzmusiker Walter Schmocker den Event 1991 ins Leben rief, ist er stetig gewachsen und hat verschiedene Kulturpreise gewonnen. Damals war es eine kleine Veranstaltung im Kurszentrum Dorfberg, heute besuchen maximal 450 Musikinteressierte einen Konzertabend in der Kupferschmiede und halten sich bis zu 600 Menschen auf dem Viehmarktplatz auf. An beiden Orten wird für Verpflegung gesorgt. Die Kupferschmiede bietet über zehn Konzerte, etwa mit Grössen wie Grammy-Träger Taylor Eigsti oder dem amerikanischen Saxofonisten Marcus Strickland. Neben den Konzerten finden jeweils Workshops statt, an denen in der diesjährigen Ausgabe über 100 Musizierende dabei sind. Teilnehmen kann jeder und jede, seit längerem sind auch Berufsmusiker und -musikerinnen sowie internationale Gäste darunter, die jedes Jahr für eine Woche nach Langnau kommen, wie Geschäftsleiterin Angela Schenker erzählt. Rund 20 Teammitglieder und über 100 freiwillige Helfer stellen das Festival auf die Beine. Walter Schmocker übernimmt nach wie vor die künstlerische Leitung. Die Geschäftsleitung und die Finanzen hat inzwischen Schenker übernommen. Sie ist die Einzige, die das ganze Jahr für den Verein Jazz Nights Langnau arbeitet. Sie lebt in Bern, ist aber in Langnau aufgewachsen. Dass die Region einbezogen werde, sei ihr wichtig und «es ist megaschön, wie mitgeholfen und mitgedacht wird», sagt Schenker. Wie wirkt sich das Festival auf das Langnauer Gewerbe aus? Fachgeschäfte wie zum Beispiel Buchmann & Co., das Uhren- und Schmuckgeschäft Meister oder der Kleiderladen Gerry Weber können keine erhöhten Umsätze feststellen, man freut sich aber über die Musik und das belebte Dorf.Auch der Blumenladen Gardyland direkt neben dem Viehmarktplatz hat mehr Interessierte im Laden, kann aber ebenfalls keinen erhöhten Umsatz feststellen. Dafür ist das Geschäft für die pflanzlichen Dekorationen an den Veranstaltungsorten zuständig. Im Voraus ausgebucht Einen Teil des Verpflegungsangebots auf dem Viehmarktplatz übernimmt das Zum-Topf-Team. Das Zum Topf ist das Küchenteam im Käpt’n Holger, also dem ehemaligen Elite. In der Kupferschmiede ist ein junges Unternehmen von Bern namens Restolike für die Gastronomie verantwortlich. Auch sein Motto passt ins Bild: «Lokal und nachhaltig mit garantierter Frische und einzigartigem Geschmack.» Fleisch zum Beispiel wird von der Metzgerei gegenüber dem Viehmarktplatz bezogen. Vom Festival profitieren können vor allem die Langnauer Restaurants und Hotels. Etwas besonders Erstaunliches erzählt Evelyne Räss, Wirtin im Hirschen. Das Hotel sei für die Festivalwoche schon ein Jahr im Voraus ausgebucht, weil sich immer wieder dieselben Jazz-Begeisterten für die Woche im Hirschen einquartieren: «Die Gäste rufen uns ein halbes Jahr im Voraus an, und wir antworten, dass der Gast bereits seit einem halben Jahr eingetragen sei», erzählt Räss. In der Restaurantkasse des Hirschen sei das Festival jedoch nicht stark spürbar, was aber auch dem schlechten Wetter am Starttag geschuldet sein könnte. Insgesamt sind die Jazz Nights ein Paradebeispiel für ein regional organisiertes Event. Viele Beteiligte arbeiten seit den 90ern zusammen, helfen und denken ganz selbstverständlich mit. Das Konzept gehe auf, die diesjährigen Vorverkaufszahlen seien rekordverdächtig, verrät Schenker. Livia Bieri Die Jazz Nights Langnau sind noch bis zum 29. Juli zu hören. Profitiert Langnaus Gewerbe von den Jazz Nights? Das Festival im Dorf Zum 31. Mal findet in Langnau das Jazz-Festival statt. Obwohl die Musizierenden das Dorf mit Leben füllen, steigt der Umsatz in den Läden jeweils nicht sprunghaft an. Angela Schenker, Verein Jazz Nights Langnau. Foto: F. Rothenbühler Nicht nur auf, sondern auch neben der Bühne sind die Jazz Nights für Langnau eine interessante Angelegenheit. Foto: Daniel Fuchs Auch erschienen in: BZ  Langenthaler Tagblatt BZ  Ausgabe Burgdorf + Emmental

Auch erschienen in: langenthalertagblatt.ch bernerzeitung.ch

bote.ch 28. Juli 2023 13:38 tagblatt.ch aargauerzeitung.ch Saxofon-Wahnsinn von Chris Potter. Ein neuer Sound für eine neue Generation Die Langnau Jazz Nights haben sich über die Jahre zu einem ebens beliebten wie hochattraktiven Treffen für Jazzfreunde entwickelt. Dank der formidablen Kontakte des Festivalgründers, des ehemaligen Bassisten Walter Schmocker, zur Szene in New York finden immer wieder Topcracks den Weg ins beschauliche und malerische Emmental. Sie drücken auch dem diesjährigen Festival den Stempel auf. Mit Mareille Merck Larus und dem Sélène Saint-Aimé Quintet haben es aber diesmal auch zwei vielversprechende europäische Bands ins Programm geschafft. Der Donnerstagabend gehörte aber zwei der spannendsten amerikanischen Tenorsaxofonisten des zeitgenössischen Jazz: Marcus Strickland und Chris Potter. Beide waren schon mehrmals in Langnau, wo sie jetzt ihre neuesten Projekte vorstellten. «The Universe's Wildest Dreams» heisst das neue Album von Stricklands afro-futuristischen Bandprojekt Twi-Life mit Mitch Henry an Keyboard und Orgel, Kyle Miles am Bass und Charles Haynes am Schlagzeug. Hier werden Stile und Rhythmen zwischen Afrika und Amerika aufgegriffen und mit Mitteln des Jazz zu einem faszinierenden Gebräu miteinander verwoben. Den afrofuturistischen Ansatz kombiniert er hier mit dem Fokus auf den Klimawandel und mit einem Aufruf zur Rettung unseres -LiPlaneten. Stricklands wilden Träume sind gar nicht so wild Das ist geschmackvoll arrangiert und groovt mächtig. Darüber lässt er seine besonnenen Themen glänzen und entwickelt seine Soli mit warmem Ton: Aber nicht wild und heiss wie der Titel vermuten lässt, sondern bedächtig, sehr abgeklärt und überlegt. Eine Text-Ton-Schere? Stricklands «wilden Träume» lassen jedenfalls jene Dringlichkeit vermissen, die das dringliche Thema Klimawandel eigentlich erfordern und erwarten würde. Diese Erwartungen erfüllt Chris Potter umso mehr. Was für ein Kontrast! Der 52-jährige Amerikaner steht in einer Linie von John Coltrane und Michael Brecker. Doch wer glaubt, die Entwicklung habe mit Brecker den Höhepunkt erreicht, der sieht sich angesichts der Kunst von Potter eines Besseren belehrt. Und er scheint immer besser zu werden. Punkto Virtuosität und Intensität setzt er neue Masstäbe. Dabei bedient er sich aus einem riesigen Vokabular von Ausdrucksmöglichkeiten, und ist auch rhythmisch und melodisch unglaublich einfallsreich. Von einem anderen Stern. Unglaublich, Wahnsinn! Geht da noch mehr? Unvorstellbar. Lange hat sich Potter auf das Akustische konzentriert, das Elektronische galt als verpönt. Seit einigen Jahren beschreitet er mit seinem Trio Circuits auch elektronische Wege, arbeitet mit Samplern, verschiedenen Effektgeräten zur Erzeugung von digitaler Mehrstimmigkeit. In Langnau ist der Umgang aber zurückhaltend, der Ton wird weniger verfremdet als erweitert. Gut so. Dabei hat er mit seinem Langzeit-Drummer Eric Harland und vor allem mit dem aufstrebenden Keyboarder James Francies eine perfekte Ergänzung gefunden. Der erst 28-jährige Tastenmann aus Texas ist eine imposante Figur, ein Hüne, ein Kleiderschrank von einem Kerl. Und so spielt er auch. Im basslosen Trio übernimmt er auch gleich den Basspart. Furios die Zwiegespräche, die seine linke Basshand mit seiner rechten Keyboard-Hand führt. Übertroffen werden sie nur noch vom feurigen Frage-und-Antwortspiel mit Potter. Circuits präsentiert in Langnau eine Art Fusion-Musik für das 3. Jahrtausend. Topaktuell, innovativ, energiegeladen und groovend. Ein neuer Sound für eine neue Generation.

derbund.ch 29. Juli 2023 06:00 bernerzeitung.ch Tagestipp: Avishai Cohen: Die nackte Wahrheit Würde die Wahrheit immer so klingen wie auf Avishai Cohens CD «Naked Truth», täte sie kaum jemandem weh. Der israelische Jazz-Trompeter spielt an den Langnau Jazz Nights. Martina Hunziker Zurzeit gibt es in der Jazz-Szene zwei Avishai Cohens: den Kontrabassisten, der mit seinem israelischen Fusion-Jazz-Trio international unterwegs ist – und dann noch den Trompeter. Dieser rutschte früh mit seiner Familienband 3 Cohens ins Musikerleben. 2016 hat er schliesslich sein eigenes Debütalbum veröffentlicht, und seither legt er im Zweijahresrhythmus eine neue Platte vor. Seinen warmen, kernigen Trompetenklang verschmelzt er in meist wohligem, aber weit von herkömmlich entferntem Jazz mit Elektronika und Gesang, aber auch klassisch im Verbund mit Klavier, Bass und Drums. Im Quartett spielt er in Langnau «Naked Truth», das 2022 bei ECM Records erschienen ist. (mar)

Einblicke in die endlose Welt des Jazz Mareille Merck eröffnete mit ihrer Formation Larus die Langnau Jazz Nights. / Bild: Patrick Britschgi / Bild: zvg Langnau: Sie sind ein fester Bestandteil des Langnauer Sommers; die Jazz Nights haben das Dorf auch dieses Jahr eine Woche lang mit Kultur geflutet. Jazz als Kunstform vereinigt zwei kaum zu überwindende Gegensätze: Traditionsbewusstsein und Experimentierfreudigkeit. Dasselbe gilt auch für die Langnau Jazz Nights. Vergangene Woche fand bereits die 31. Ausgabe statt, unterdessen ist das Festival zu einer Langnauer Tradition geworden. Gleichzeitig bietet das Programm immer wieder neue Einblicke in die schier endlose Welt des Jazz. Noch ein weiterer Gemeinplatz; Jazz ist kein «Breitensport», in der Musikindustrie gilt er als Nischenprodukt. Umso erfreulicher ist es, dass die Konzerte in der grossen Halle der Kupferschmiede jeweils sehr gut besucht sind. Wer denkt, Jazz sei eine urbane Angelegenheit, bestenfalls von einer elitären Minderheit geschätzt, wird hier eines Besseren belehrt. Auftakt mit der Gitarre Stellvertretend für die Vielfalt der diesjährigen Jazz Nights kann der erste Abend genommen werden. Er stand im Zeichen der Gitarre und wurde von Mareille Merck und ihrer Formation Larus eröffnet. Das Trio um die Musikerin aus Norddeutschland begann sein Set mit einigen ruhigen, teils fast meditativ anmutenden Nummern. Nicht umsonst heisst ihr aktuelles Album «Stille Wasser». Im Verlauf des Programms gings dann auch noch richtig zur Sache, wobei Mercks Spiel immer unaufdringlich und gleichzeitig eloquent wirkte. Ihre beiden Begleiter,

Francesco Losavio am Bass und Janic Haller am Schlagzeug, legten Merck dabei nicht nur den roten Teppich aus, sondern trugen aktiv ihren Teil dazu bei, damit das erste Konzert der heurigen Jazz Nights die Latte für die kommenden Gruppen hoch setzte. Mareille Merck ist eine Gitarristin und Komponistin, die für eine selbstbewusste Generation von jungen Musikerinnen steht, die sich ihren Platz in einer ehemaligen Männerdomäne gesichert haben. Gerade die elektrische Gitarre war sowohl im Jazz wie auch im Rock ein Instrument, worauf sich vor allem die Jungs austobten. Mike Stern – ein Star eben Ein Vertreter dieser älteren Generation stand als nächstes auf der Bühne, der Amerikaner Mike Stern. Und wie er sich austobte! Der heute 70-Jährige zählt zum Jazz-Adel, was in diversen Preisen für sein Lebenswerk zum Ausdruck kommt. Er und seine vierköpfige Gruppe befinden sich derzeit auf Europa-Tournee und machten zwischen zwei Auftritten in Italien einen Abstecher ins Emmental. Stern ist der Dreh- und Angelpunkt auf der Bühne und lenkt die Aufmerksamkeit auch dann gerne auf sich, wenn er gerade nicht im Mittelpunkt des musikalischen Geschehens steht. Ein Star eben. Das Programm beginnt ungewohnt mit einem Stück, in dem Sterns Ehefrau und zweite Gitarristin der Band, Leni Stern, singt. Doch danach gehts in die gewohnten Wasser des Fusion-Jazz, den Stern so perfekt beherrscht. Seine Technik auf dem Instrument ist erstaunenswert und entlockt einzelnen Fans im Publikum den einen oder anderen entzückten Zwischenruf. Handykameras werden in Gang gesetzt, um das Feuerwerk zu filmen, das Stern auf seiner Gitarre abzieht. Auch seine Mitstreiter und die Mitstreiterin kommen nicht zu kurz und heimsen ihren Teil des Applauses ein. Am Schluss bleibt ein Abend in Erinnerung, in dem zwei Musikergenerationen die Bühne bespielten. Mit unterschiedlichen Ansätzen zwar, aber doch vereint im Jazz. Jazz Nights wurden professioneller Die Langnau Jazz Nights haben sich über die Jahrzehnte ihres Bestehens professionalisiert, ein unumgänglicher Schritt, um bestehen zu können. Viele der Veränderungen wirken sich für die Besucherinnen und Besucher positiv aus, fallen aber nicht unbedingt auf. Das Essen in der kleinen Halle ist noch etwas exquisiter als früher, der Klang während der Konzerte ist hervorragend abgemischt, die Bühnenbeleuchtung ist unaufdringlich und passt sich perfekt der Stimmung an. Doch vieles bleibt unbemerkt; das Netzwerk, welches nötig ist, um all die grossen Namen nach Langnau zu holen, der organisatorische Aufwand, um die Konzerte in der Kupferschmiede und jene auf dem Viehmarktplatz auf die Beine zu stellen und nicht zu vergessen die Workshops für angehende Musikerinnen und Musiker. Diese Workshops heben die Jazz Nights weit über den Status eines gewöhnlichen Musikfestivals hinaus. Hier wird Nachwuchsförderung betrieben, ein Fachkräftemangel ist nicht in Sicht. Nahe der Comic-Welt Auch bildende Kunst hat ihren festen Platz während den Jazz Nights. In der alten Halle der Kupferschmiede wurden heuer Werke des Berners Samuele Vesuvio unter dem Titel «Vesuvio Big Band» ausgestellt. Die grossen Installationen zeigten Zeichnungen, die an die Comic-Welt angelehnt sind und den Besucherinnen und Besuchern auch nach längerer Betrachtung immer wieder neue Details eröffneten. Auch bei diesen speziell für den Anlass gefertigten Werken stand, wie es der Titel verheisst, der Jazz im Mittelpunkt. 03.08.2023 :: Busche Frei

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